https://lazar.gbv.de/id/4c5b995c-32b5-45c0-8ad4-8f5c3964bcdb
Dadunashvili, Elguja
http://d-nb.info/gnd/133557154
http://orcid.org/0000-0002-5434-0815
Friedrich Schiller Universität Jena / Staatliche Ilia Universität Tiflis
Feldforschung in Kachetien 2011
საველე კვლევა კახეთში 2011
LaZAR
Behinderung
Exogamie
Transhumanz
Schur
Dagestaner
Verwandtschaftsbezeichnung
Selbstgenügsamkeit
Maßeinheit
Schafhaltung
Endogamie
Islam
Sakralbau
Collection
Fieber, Marco
http://orcid.org/0000-0001-5491-4842
Gebert, Mildred
http://orcid.org/0000-0002-7986-7904
Mgaloblishvili, Sopio
http://orcid.org/0000-0002-2488-8505
Minkner, Sebastian
orcid.org/0000-0002-8679-8628
Hubl, Angelika
Staatliche Ilia-Universität, Tiflis
http://d-nb.info/gnd/6105320-X
https://www.grid.ac/institutes/grid.428923.6
Kiziria, David
Aprasidze, David
Kikilashvili, Vladimer
Die in diesem Wurzelkonvolut angelegte Daten wurden im Rahmen des Exkursionsmoduls "Kaukasiologische Feldforschung" erhoben. Das Modul wurde erstmalig im WS 2011/12 im Rahmen des Studiengangs BA-Ergänzungsfach Kaukasiologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena angeboten.
Die Wahl des Forschungsgebietes gründete sich auf die ethnische und sprachliche Vielfältigkeit des nord-östlichen Teils dieser Region. Hier, am Fuß des Großen Kaukasus, ist es möglich auf sehr kleinem Territorium gleichzeitig sieben bis acht Sprachen und Volksgruppen anzutreffen und zu erforschen.
Die Exkursion hatte zum Ziel die traditionellen Institute und Unterschiede der sich in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Kulturen unter die Lupe zu nehmen. Als solche wurden folgende zwei Dörfer ausgewählt: Chantlisqure (+41° 54' 34.27", +45° 55' 1.86") und Zinobiani (+41° 53' 45.08", +45° 55' 59.43"). Der Fußweg zwischen den Zentren dieser beiden Dörfer beträgt nicht mehr als 2,5 bis 3 km. Doch sie sind trotz ihrer räumlichen Nähe, kulturell grundverschieden.
Zinobiani ist ein in den 1920er Jahren gegründetes udisches Dorf. Die hier angesiedelten Bewohner, stammten aus dem in der aserbaidschanischen UdSSR liegenden Dorf Vartašen (heutiges Oğuz: +41° 4' 5.85", +47° 27' 55.93"). Im Vergleich zum von den Uden bewohnten Zinobiani hat das von Dagestanern (Fn.1) bewohnte Dorf Chantlisqure eine noch relativ kurze Geschichte. Die hier ansässige, aus dem südlichen Teil Dagestans stammende Volksgruppe der Bežtiner ist für einen langen Umweg zu ihrem heutigen Siedlungsgebiet in Chantlisqure zurückgelegt. Bežtiner, welche eine halbnomadische Art der Tierhaltung betrieben, fanden in den Orten der Umgebung ideale Winterweideflächen für ihre Herden.(Fn.2) Nach Art und Weise des halbnomadischen Lebens kamen die Dagestaner jedes Jahr im September samt ihren Herden und ganzen Familien aus den Bergen nach Kachetien und blieben allesamt bis zum Ende April dort. Im Frühling ließen sie Ihre Hütten zurück und zogen wieder zu den Winterweiden in Dagestan. Während der Sowjetzeit waren die Dagestaner gezwungen sich an einem bestimmten Ort registrieren zu lassen und demzufolge ein sesshaftes Leben zu betreiben. Für den Teil dieser Volksgruppe, die sich für Kachetien entschied, bedeutete dies, dass ihnen auch entsprechende Ackerfelder zustanden. Da die Dagestaner während der Feldarbeiten auf die Sommerweide zogen, mussten sie ihre Felder entweder Brach liegen lassen oder verpachten. Weil in Kolchosen sowohl Brachland als auch Verpachtung der Äcker verboten war, wurden die in Georgien lebenden Dagestaner gezwungen entweder ihren Lebensstil zu ändern oder den Wohnort zu wechseln. So haben sich die Dagestaner sich für Georgien entschieden und sind von Schäfern zu Ackerbauern geworden. Diejenigen, die aber dem Schäferberuf treu blieben, haben von ihrer traditionellen halbnomadischen Lebensweise zur Transhumanz gewechselt. Allmählich haben sich die Hirten daran gewöhnt ihre Familien zu verlassen und die Zeit ohne ihre Familienmitglieder, die sich um den Haushalt und Ackerbau kümmern mussten, auf den Sommerweiden zu verbringen. (Fn.3)
Diese Änderungen im Leben der Dagestaner waren noch kaum vollzogen, als sie wiederholt gezwungen wurden ihren Lebensort zu verlassen und nach Tschetschenien zu übersiedeln. Dies geschah im Jahr 1944, als Karatschaier, Balkaren, Inguschen und Tschetschenen wegen des Vorwurfes der Kollaboration mit den in den Kaukasus vorgerückten Truppen des Dritten Reichs vom Nordkaukasus in zentralasiatischen Steppen deportiert wurden. Dagestaner aus Georgien nahmen die von den Tschetschenen zurückgelassene Häuser sowie deren Gut in Besitz und fingen in Tschetschenien ein neues Leben an. Im Jahr 1957 nach der Rehabilitation der Opfer des stalinistischen Terrors, durften die deportierten Völker zurückkehren. Daraus folgte, dass die georgische Regierung forderte, dass die aus Georgien deportierten Dagestaner in ihre ehemaligen Dörfern zurückkehren durften. Weil diese Dorfer jedoch geschliffen oder von anderen Bewohnern bezogen worden waren, wurde die meisten der zurückgekehrten Dagestaner in neu gegründeten Orten angesiedelt. So entstand im Kvareli-Bezierk in Kachetien drei neue Dörfer: Tkhilistskaro, Saruso und Chantlisqure, nur das vierte Dorf – Tivi wurde wieder an die Dagestaner abgetreten. Wir beschäftigten uns – wie bereits erwähnt – insbesondere mit dem Dorf Chantlisqure, desen Geschichte im Jahr 1957 ihren Anfang nahm. (Fn.4)
Die Unterschiede zwischen den Dorfbewohnern Zinobianis und Chantlisqures liegen in folgende Lebens- bzw. Kulturbereichen:
• Die Udische Sprache, gesprochen im Dorf Zinobiani gehört zur lesgischen Gruppe der ost-kaukasischen Sprachen - die in Chantlicqure gesproschene Bežitinische Sprache gehört zum awaro-ando-cesischen Gruppe der ost-kaukasischen Sprachen
• Die Uden bekennen sich zum Christentum - Die Bežitiner gehören der sufistischen Richtung des moslemischen Glaubens an;
• Traditionell sind die Uden Ackerbauer – Die Bežitiner haben mehrwiegend den Halbnomadische Tierhaltung bevorzugt;
• Die Uden achten sehr streng auf die exogame Eheschließung - Bežitiner dagegen praktizieren Endogamie.
In der Vorbereitungsphase zur Exkursion wurde entschieden ein traditionelles Institut zu forschen, welches einen komplexen Ansatz erforderte. Als solches wurde von uns die Verwandtschaftsterminologie bei den Bežitiner und Uden ausgewählt. Außer der Verwandtschaftsterminologie in Bežitinisch war unser Ziel ähnliches Material bei den anderen Vertretern der awaro-ando-cezische Sprachgrupe, nämlich den Awaren zu sammeln. Dafür wurde ein gesonderter Fragebogen vorbereitet. Außer der konkreten Aufgabe diese Fragebogen auszufüllen, waren die Teilnehmer der Feldforschung damit beauftragt, auf alle Ereignisse, Gegenstände und Verhaltensweisen zu achten, die den traditionellen Lebensstil dieser Völker charakterisieren könnten.
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1. Dagestaner abgeleitet von dagestanisch – ein Sammelname für die in Dagestan gesprochenen ost-kaukasischen Sprachgruppen, im Georgischem wird diese Gruppe auch als Leki genannt. Der dagestanischen Sprachgruppe werden folgende Sprachen zugeordnet: Avarisch, Andisch, Botlixisch, Godoberisch, Karatinisch, Bagvalalisch, Čamalalisch, Tindisch, Cezisch (Didoisch), Xvaršinisch, Hinuxisch, Hunzibisch, Bežitinisch, Lakisch, Darginisch, Lesgisch, Tabasaranisch, Agulisch, Rutulisch, Caxurisch, Arčinisch, Kryzisch, Buduxisch, Xinalugisch, Udisch. Bemerkenswert ist, dass nicht alle der hier aufgezählten Sprachen in den Grenzen des gegenwärtigen Dagestans gesprochen werden, so z.B. Kryzisch, Buduxisch, Xinalugisch, Udisch, deshalb sind die Termini Dagestan (politisch) und Dagestan (sprachlich) nicht gleichzustellen.
2. Historische Quellen des 18. Jhs. beweisen enge politische und wirtschaftliche Abhängigkeit mehrerer im Grenzgebiet liegender dagestanischer Gebiete zum damaligen Georgien. Siehe: Akty. Cobranye kawkazkogo arxeographičeskoju kommissiejeju. Tom 1. Čast perwaja. Gudžari i drugje akty. Tiflis 1866. S. 63-64.
3. Vgl., Nana Omarashvili (2008): kaxetši mcxovrebi daɤesṭnelebi (Die in Kachetien wohnende Dagestaner). Tbilisi, S. 103-114
4. Ebd. S. 115-121
2011-09-20/2011-09-30
de
2011
https://lazardb.gbv.de/detail/252
4c5b995c-32b5-45c0-8ad4-8f5c3964bcdb
https://lazardb.gbv.de/detail/252
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